Salcher, Andreas: Der talentierte Schüler und seine Feinde.
Um dieses Buch wurde eine heftige Medienkampagne inszeniert, damit es sich gut verkauft. Ich habe in einer Buchhandlung einem Gespräch gelauscht: Eine junge Mutter hat ihrer vermutlich achtjährigen Tochter das Buch gezeigt und gesagt: “Das solltest lesen! Da steht drin, was die alles in der Schule versauen.” Gekauft hat sie das Buch aber nicht.
Wider Erwarten ist das aber ein gutes Buch, in dem die von den Medien herausgestrichenen Anfeindungen gegen die Lehrer-Gewerkschaft nur eine untergeordnete Rolle spielen. Salcher ist zur Gewerkschaft ungerecht, sieht sie wohl zu sehr aus der Perspektive des Politikers, dem gewerkschaftlicher Einspruch jeder Art immer lästig sein muss, und aus der des Schulerhalters (er ist Mitbegründer der Sir Karl Popper Schule), der die Gewerkschaft als störend empfinden muss, wenn er von Lehrern unbezahlte Mehrarbeit fordert.
Im Wesentlichen fordert Salcher völlig richtige Dinge:
• Die Talente der Kinder sollen erkannt und gefördert werden.
• Die Schulbehörde soll nur hervorragende Lehrer anstellen und schlechte Lehrer loswerden.
Grundthese Salchers: Das Wichtigste an der Schule sind gute Lehrer, die die Schüler lieben und begeistern. Das System sollte so umgestaltet werden, dass es möglichst viele solche Lehrer gibt.
Schlechte Lehrer sollten entlassen, mittelmäßige zu besseren Lehrern gemacht werden. Wie soll das gehen? Schon die Lehramtsstudenten sollten streng ausgesiebt werden, damit es keine jungen Menschen mehr gibt, die bloß fürs Lehramt studieren, weil sie sich sonst nichts zutrauen. Da kann ich nur sagen: Sehr richtig!
Wie nun allerdings in der Praxis so ein Umbau stattfinden soll, das kann auch Salcher nicht schlüssig beantworten. Wie zum Beispiel soll man feststellen, welche Lehrer unfähig sind? Bei ein paar plakativen Beispielen wird das ja ganz gut gehen. Aber wie steht es mit jenen vielleicht noch jungen Lehrern, denen es folgendermaßen ergeht: Mit der einen Klasse funktioniert alles prächtig, die Schüler sind begeistert, es gibt keine Probleme – und mit einer anderen Klasse des gleichen Jahrgangs gibt es nur Schwierigkeiten. Ist so ein Lehrer gut oder schlecht?
Salcher nimmt aber nicht nur die Lehrer ins Gebet, sondern befasst sich auch mit der Bedeutung der Eltern und – man lese und staune – der Selbsterziehung für die Entwicklung der Begabungen.
Natürlich nimmt er – in jeweils einem kurzen Kapitel – zur Gesamtschulproblematik und zum PISA-Test Stellung. Ob Gesamtschule oder nicht, sei eine Glaubensfrage, aber auch die Gesamtschule sei ohne gute, engagierte Lehrer zum Scheitern verurteilt. Und der PISA-Test sei eine großangelegte Schularbeit ganz herkömmlichen Stils und habe mit der Entwicklung einer optimalen Schule für das 21. Jahrhundert wenig zu tun.
Stilistisch ist das Buch ganz in der Art moderner Ratgeberliteratur geschrieben: Flotter Stil, viele, viele Fallbeispiele, knappe Zusammenfassungen wichtiger wissenschaftlicher Erkenntnisse, immer wieder eingestreute Bemerkung, welche Kapazitäten Salcher nicht alle persönlich kenne und zum Thema befragt habe, und prägnante Zitate aus dem Weisheitsschatz großer Persönlichkeiten.
Salcher, Andreas: Der talentierte Schüler und seine Feinde. Ecowin-Verlag, Salzburg, 2008. 251 Seiten. Systematik: PE / SAL
© W. Krisai